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29. Januar 2014 | Tanja Angst

Reto Kestenholz im Interview

Ich bin stolz und so was von gerührt, euch diesen wichtigen Menschen vorzustellen. Viele können seine  Einstellungen und Ideen  über den Schutz der Natur nicht nachvollziehen, ich jedoch bin froh zu wissen, dass es noch Menschen wie  ihn auf dieser Welt gibt. Er liebt die Natur und wünscht sich nichts mehr, als diese am Leben zu halten und so vielen nächsten Generationen wie möglich die Chance zu geben, in dieser so zu leben und zu lieben wie er es tut. Taucht mit mir ein in ein Interview der sehr speziellen Art. Let`s welcome Reto Kestenholz!

Reto Kestenholz

Reto Kestenholz  

Reto deine Leidenschaft ist es zu Snowboarden, wie kam es dazu und wer lieferte einen wichtigen Beitrag zu deiner Karriere?

Zuerst war es vor allem mein Bruder Ueli, der mich aufs Brett gelockt und dann gepusht hat, doch der damalige Freund meiner Mam hat mich die ersten Turns gelehrt und mir Boards ausgeliehen. Dies war vor über 20 Jahren...

 

Dann, Ende der 90er Jahre, hatte ich durch Sponsoren die Möglichkeit, bereits im Herbst die Pipe shredden zu können, anfangs in Saas-Fee und ab 2001 in Zermatt. Dort übernahm ich dank Ruedi Herger (damaliger Teamchef Santa Cruz) die Leitung des Gravity Parks, wodurch ich unzählige Kontakte schliessen durfte die entscheidend für meine Karriere waren und meine Passion bis heute immer wieder neu befeuern!

 

Und schlussendlich verdanke ich den Filmprojekten der »Dedicated« Crew und Ride Greener, dass ich immer noch von Sponsoren wie Ride und Zimtstern für meine Abenteuer finanziell unterstützt werde. 

Du lebst sehr einfach, manchmal trägst du sogar Handschuhe zum Arbeiten an deinem PC, da es oft nicht mehr als 10 Grad bei dir zu Hause ist. Wie kommt es dazu?

Erst im Laufe meiner Ausbildung am Lehrerseminar habe ich zu einem bescheidenen Lebensstil und einer klaren Haltung zu Umweltschutz und Klimafragen gefunden – durch in dieser Beziehung ziemlich radikale Freunde.

Durch die Suche nach günstigen Wohngelegenheiten, aber auch nach dem Zusammenleben in Shaper-WG’s, sind meine Ansprüche laufend gesunken und schlussendlich habe ich gemerkt, dass sich Gewohnheiten ändern lassen und auch im Alltag viel für einen kleinen, ökologischeren Fussabdruck getan werden kann.

Wenn wir draussen locker bei minus 20 Grad arbeiten und uns vergnügen können, sollten wir es auch hinkriegen, an den kältesten Tagen im Jahr mit 10 – 15 Grad zu Hause auszukommen!

Reto Kestenholz arbeitet bei 10-15 Grad zu Hause

Reto Kestenholz arbeitet bei 10-15 Grad zu Hause  

Was denkst du könnte jeder da draussen täglich Kleines machen, um der Natur zu helfen?

Sich generell in Bescheidenheit üben – die wohl schwerste Aufgabe für uns Menschen überhaupt! Von einem gewissen Standard zurück zu einfacheren Verhältnissen zu finden ist sicher die grösste Herausforderung, der wir uns stellen können. Doch führt auch kein Weg daran vorbei, es ist ein MUSS wenn wir uns nicht noch tiefer in die Misere reiten wollen – was langfristig noch unangenehmer werden würde!

Auf was achtest du am meisten wenn du auf dem Berg bist und deine „Turns“ ziehst?

In dem Moment kann ich mich von sämtlichen unangenehmen Gedanken befreien und einfach mal abschalten. Das ist mittlerweile der Hauptgrund, warum ich gerne in den Bergen unterwegs bin – eine wichtige Insel in der für mich sonst oft unschönen Welt!

Du bist noch nie für das Snowboarden mit dem Flugzeug gereist, reizt es dich nicht den Japanischen oder Kanadischen Powder zu shredden und dabei andere Mentalitäten kennenzulernen?

Früher bin ich durchaus auf Einladung ein paar Mal mit ’nem Flugi an Wettkämpfe gereist und habe dies auch geniessen können. Doch, um fremde Kulturen kennen zu lernen, war da immer zu wenig Zeit, da müsste man sich gezielt von Resorts mit Liften wegbewegen, wenn man sich da was für die Persönlichkeitsbildung mitnehmen möchte.

Ich habe noch mehr als genug Ideen, denen ich mich widmen kann, um ein »besserer« Mensch zu werden, da brauche ich keine anderen Mentalitäten zu sehen. 

Was geht in dir vor, wenn du das Weltgeschehen beobachtest?

Leider macht es mich oft ohnmächtig, lähmt und blockiert mich, obschon es genau das Gegenteil bewirken sollte! Hey, wenn wir uns nicht sofort gegenseitig in den Arsch treten, auf miserable Prognosen auch entsprechend reagieren und unser Leben anpassen, wird dies katastrophale Folgen haben! Offensichtlich ist der Mensch, ja die ganze Natur, nicht dafür gemacht, im grösseren Rahmen sozial und vorausdenkend zu handeln, doch dies ist noch lange keine Ausrede, es nicht zu versuchen!

Was bedeutet dir „Ride Greener“?

Ich bin wirklich unendlich dankbar für dieses Projekt, welches mich in meiner Überzeugung gestützt und auch bedeutend weiter gebracht hat! An dieser Stelle einmal mehr ein gewaltiges Dankeschön an Sten und all die wunderbaren Menschen, die ich durch unsere Aktionen wie Camps, Medienarbeit und natürlich dem Filmen kennen lernen durfte! Es tut gut zu sehen, dass sich unzählige Leute für unsere Themen interessieren und sich in den Anliegen oft auch solidarisieren.  Das macht Mut und gibt Kraft, entschieden weiter zu gehen in eine »grünere« Richtung.

Du bist ein wichtiger Part in dem neuen Movie „Steps“. Gibt es ein Erlebnis beim Filmen dieses Prachtexemplars, das dir tief geblieben ist?

Ganz grundsätzlich hätte ich mir einige Leistungen im Voraus nicht unbedingt zugetraut, ich war selber erstaunt wie viel man, auch ganz ohne energiefressende Aufstiegshilfen, erreichen kann. Campieren im Schnee war für mich neu und inspirierend, umso mehr ein Highlight, da ich von einem unerwartet guten Kicker direkt nach der Landung in etwa 10 Sekunden vor meine »Zelttür« fahren konnte!

Reto Kestenholz in action

Reto Kestenholz in action  

In dem Movie „Steps“ wurde erwähnt, dass ein Ausflug ins Skigebiet auch mit negativen Folgen für die Umwelt verbunden ist. Gibt es eine Lösung dafür, ohne dass das ganze Volk das Backcountry zerstört?

Ich persönlich sage nicht, dass Lifte per se »sehr schlecht« sind. Das schlimmste am Skitourismus sind Anreise, luxuriöse, überheizte Hotelzimmer mit doch oft »kalten Betten« etc.! Die Gesamtbilanz beim Wintersport sollte zu rechtfertigen sein. Dass alle nur noch hiken gehen befürchte ich nicht, denn dies ist für die Allermeisten dann doch zu unbequem, da wird wohl eher auf andere Tätigkeiten ausgewichen...

In welcher Bergregion bist du am liebsten unterwegs?

Je länger je mehr weiss ich ruhige Gebiete zu schätzen, welche noch ein geringes Touristenaufkommen aufweisen. Doch nach wie vor bin ich sehr gerne in Grindelwald – meine zweite Heimat – wo ich die Berge so gut kenne wie nirgends sonst. Dort gibt es traumhaft Varianten und immer noch bestes Panorama, welches mich auch nach all den Jahren dort regelmässig aus den Socken haut!

Zum Schluss, wenn du einen Wunsch frei hättest…?

Ach, da bin ich wohl zu realistisch um grosse Wünsche zu formulieren...

Doch der Mensch soll einfach unaufhörlich an seiner – in der Natur einzigartigen – Fähigkeit arbeiten, ein wirklich soziales (Lebe-) Wesen zu sein, und zwar über staatliche, sprachliche und kulturelle Grenzen hinaus.

And the rest will follow...

 

Cheers